Die Berliner Erklärung wurde im September 2007 vor dem Kongress in der jugendpolitischen Kommission erarbeitet und beschlossen.Sie beschreibt die Pfadfinderei und formuliert Ziele für die Zukunft.
Daran waren wir von den Pfadfinder Langerwehe nicht aktiv beteiligt, finden sie aber trotzdem treffed.
Während des Kongresses wurde sie an die UN-Jugenddelegierten überreicht. Die Ergebnisse des Kongresses sind nicht direkt in die Erklärung eingeflossen.
Der 100. Geburtstag der Weltpfadfinderbewegung ist vorüber. Im September 2007 trafen sich in Berlin Pfadfinderinnen und Pfadfinder aller Ringverbände zu einem Kongress. Zu diesem Anlass wurde zuvor die Berliner Erklärung verfasst. Sie ist Grundlage für die gemeinsame Arbeit der Ringverbände und wird unter anderem beim Jugendhilfetag vorgestellt.
100 Jahre Pfadfinden – an unserem Geburtstag öffnen wir, die Pfadfinderinnen und Pfadfinder der Ringverbände, die Tür zur Zukunft. Mit unseren Erfahrungen aus einem Jahrhundert geben wir Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit und stellen Forderungen für eine gerechtere Welt. In der Berliner Erklärung signalisieren wir unsere Bereitschaft, Gesellschaft mitzugestalten.
Mission mit Methode
Als Pfadfinderinnen und Pfadfinder wollen wir die Welt verbessern. Dies hat uns Baden-Powell, der Gründer der Pfadfinderbewegung, ans Herz gelegt. Wir setzen uns für den Frieden in unserem Alltag und im Zusammenleben in der Weltgemeinschaft ein. Wir schaffen Gerechtigkeit vor unserer Haustüre und gemeinsam mit unseren Freundinnen und Freunden in anderen Ländern. Wir leben einfach und bewahren die Schöpfung durch aktiven Umwelt- und Artenschutz. Wir machen dies alles gemeinsam, als Mädchen und Jungen, Frauen und Männer, mit oder ohne Behinderung, viele getragen von ihrem Glauben. Wir lernen miteinander, probieren Neues aus und wollen verantwortliche Bürgerinnen und Bürger sein. Jede und jeder bringt seine Meinung ein, gemeinsam treffen wir Entscheidungen. „Allzeit bereit“ stellen wir uns als Pfadfinderinnen und Pfadfinder den Herausforderungen – in Deutschland und weltweit.
Pfadfinden heute
Kinder, Jugendliche und Erwachsene suchen nach einem Weg, wie Leben gelingen kann. Sie entwickeln eine Persönlichkeit. Sie wollen lernen, sie wollen die Welt verstehen. Pfadfinden setzt auf das Prinzip der Selbsterziehung. Jede und jeder ist mit seinen körperlichen, seelischen, intellektuellen Fähigkeiten gefragt und kann diese erweitern. Pfadfinden bietet ein Lernfeld außerhalb der Schule. „Charakter wird mehr durch die Umwelt außerhalb der Schule als durch den Unterricht innerhalb derselben gebildet“, betonte Baden-Powell. Pfadfinden fördert Körper, Geist und Seele.
Junge Menschen brauchen Werte zur Orientierung. Sie ringen mit unterschiedlichen Idealen. Sie beschäftigen sich mit Sinn- und Glaubensfragen. Pfadfinden bietet Orientierung und fördert auch das Vertrauen in Gott.
Menschen wollen etwas erleben, sich ausprobieren. Manchmal gelingt dies, manchmal nicht, Pfadfinden setzt darauf, aus gutem und schlechtem Erleben Erfahrung für das Leben zu sammeln. Pfadfinden bietet Abenteuer und damit spannende Erlebnisse.
Kinder und Jugendliche haben heute weniger die Möglichkeit „Gemeinschaft“ außerhalb der Schule zu erleben. Sie wollen sich aber einbringen, wollen gefördert und gefordert werden, wollen mitbestimmen. Die pfadfinderische Methode setzt auf das Zusammenspiel von Kleingruppen und Großgruppe. Jede und jeder übernimmt in den Gruppen für sich und für andere Verantwortung. Pfadfinden fördert Teamarbeit und erhebt sie zum Prinzip. Pfadfinden lehrt Demokratie und fördert echte Teilhabe.
Das Engagement für die Gesellschaft muss Kindern und Jugendlichen ermöglicht werden. Pfadfinden fördert Beteiligungsmöglichkeiten und motiviert Kinder und Jugendliche zu freiwilligem Engagement. Pfadfinden gibt das Gefühl an Entwicklungen von Staat und Gesellschaft mitwirken zu können. Pfadfinderinnen und Pfadfinder engagieren sich ehrenamtlich und sind damit eine Stütze der Gesellschaft.
Mädchen und Jungen, Frauen und Männer sind trotz vieler Fortschritte in der Gesellschaft noch nicht gleichgestellt. Es fehlt an Geschlechtergerechtigkeit. Pfadfinderinnen und Pfadfinder arbeiten mit daran, dass jede und jeder seine Chancen nutzen kann. Wir erfüllen auch das Bedürfnis, in Gruppen gleichen Geschlechts zusammen zu sein und dadurch ein Geschlechtsbewusstsein zu entwickeln.
Die Welt mit eigenen Augen sehen, Menschen begegnen, Grenzen überschreiten. Diese Bedürfnisse erfüllt Pfadfinden. Es bietet internationale Treffen und interkulturelles Lernen. Pfadfinden fördert Toleranz, leistet aktive Versöhnungsarbeit, knüpft feste Beziehungen innerhalb der Europäischen Union und fördert damit den Frieden und die Völkerverständigung.
Ungerechtigkeit ist Kindern und Jugendlichen ein Dorn im Auge. Es fällt aber schwer, dagegen etwas zu tun. Pfadfinden fördert die Solidarität mit jenen, die Hilfe brauchen. Wir Pfadfinderinnen und Pfadfinder unterstützen Partner in Entwicklungsländern finanziell und ideell. Wir bekämpfen konkret Armut von Kindern und Jugendlichen – hier und anderswo.
Die Sorge um den Klimawandel, die Kritik an maßlosem Konsum und verschwenderischem Umgang mit Ressourcen sind in der Welt sehr präsent. Pfadfinden heißt einfach leben, sich auf das Wesentliche konzentrieren und Natur erleben. Pfadfinden ist also ein Modell, verantwortlich mit der Umwelt umzugehen.
Das Zusammenleben der Kulturen erzeugt Reibung. Pfadfinden nutzt diese Reibung als Energie. Pfadfinden stellt sich dem Dialog, setzt sich mit den Perspektiven anderer auseinander und sucht einen gemeinsamen Weg. Wir Pfadfinderinnen und Pfadfinder sind offen für alle, die sich mit unseren Grundsätzen identifizieren.
Wünsche und Forderungen
Wir Pfadfinderinnen und Pfadfinder fordern, dass Politikerinnen und Politiker die Rahmenbedingungen für unsere Arbeit erhalten, dass sie uns aktiv unterstützen und unsere Arbeit anerkennen.
Der Zugang zur schulischen Bildung muss im Sinne aller Kinder und Jugendlichen gerecht verteilt sein. Wir fordern außerdem, dass unsere außerschulische Bildungsleistung anerkannt wird. Die Bildungsarbeit (im Bereich des nicht formalen Lernens) der Ringe deutscher Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände muss gefördert werden.
Kinder und Jugendliche sind Gegenwart der Gesellschaft. Sie müssen bei allen sie betreffenden Fragen beteiligt werden: in Familie, Schule und öffentlichem Leben. Ein wesentlicher Schritt ist hierbei die Senkung des Wahlalters auf 14 Jahre.
Der Kampf gegen Kinderarmut muss über Sonntagsreden hinausgehen. Regierung und Parlament müssen eindeutig mehr Mittel bereitstellen, um die Lage tausender Kinder in Deutschland zu verbessern. Zu erreichen ist dies, wenn Geld gerechter verteilt wird.
Es müssen gleiche Rechte für alle gelten. Kinder haben zudem spezielle Bedürfnisse, deswegen müssen Kinderrechte verwirklicht werden. Die Bundesregierung muss die Einschränkung zur UN-Kinderrechtskonvention zurücknehmen.
Im Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit brauchen wir die Unterstützung der Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft. Deswegen müssen internationale Jugendbegegnungen gefördert werden. Die Regierung muss die Milleniumsentwicklungsziele umsetzen!
Im Umweltschutz ist weiter große Anstrengung gefragt. Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen und gemeinsam mit Verbänden das Bewusstsein in der Gesellschaft für eine intakte Umwelt stärken. Darüber hinaus sind Gesetze notwendig, die Arten schützen, Umwelt schonen und Schadstoffverursacher in die Verantwortung nehmen – in Deutschland und weltweit.
Der Weg zur Geschlechtergerechtigkeit muss weitergeführt werden. Was erreicht ist, reicht nicht aus, um innezuhalten. Wir wollen eine Überprüfung der gesellschaftlichen Strukturen. Wie passen die Strukturen zu den Lebenskonzepten von Mädchen und Frauen, Jungen und Männern? Wir wollen auch einen geschlechtergerechteren Zugang zu Ausbildung und Einkommen und eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Wir alle sind gefragt, die Welt besser zu verlassen, als wir sie vorgefunden haben. Ziehen wir also los, leben wir wild und gefährlich. Wir können was, wir bewegen die Welt. Dabei sind wir uns unserer Wurzeln, unserer 100-jährigen Geschichte bewusst. Aber wir lassen es uns nicht nehmen, mit neuen Ideen die Herausforderungen unserer Zeit und unsere Zukunft zu gestalten.
Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP), Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), Pfadfinderinnenschaft Sankt Georg (PSG), Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP)
Berlin, 22. September 2007
Quelle: DPSG Mitgliederzeitschrift, „mittendrin“ 1/2008 (hier als PDF), Seite 54 (im PDF 16).
Ein Gedanke zu „Allzeit bereit in die Zukunft — Über Pfadfinderei“